Krieg, Krisen, Konsumkritik und Klimawandel, aber auch Hoffnung auf ein „neues Kapitel“ im Weltgeschehen haben sich längst zwischen unsere Buchseiten eingenistet. Aber bei weitem noch nicht genug. „Grüne (T)Räume“, „Letztes Blatt“, „Eiszeit“ und „Neues Kapitel“ heißen denn auch die Kapitelüberschriften im Gedichtband „Winter im April – Gedichte und Aphorismen“ von Gisela Baudy und Christian Baudy, das jetzt im März 2023 bei awsLiteratur in Hamburg-Harburg erschienen ist.

Die kurzen lyrischen Sequenzen aus Haiku, Tanka, Elfchen, Prosagedichten und Aphorismen erfassen gleichermaßen Licht- und Schattenseiten des menschlichen Daseins. Es entsteht ein durchwachsenes Bild aus Natur-Harmonie und Umweltsünden, aus Menschlichkeit und Gewissenlosigkeit, aus Düsternis und Zuversicht.

So entführen uns sinnliche Bilder in die Welt der Natur, wenn „Eos“ (altgriechisch für Morgenröte) „den Horizont säumt“ oder erste Schwalben ihren „Silberflug himmelhoch feiern“. Aber es bleibt nicht bei reinen Naturerfahrungen. Die Autor:innen stellen sich aktuellen Themen. „Nachhaltigkeit hat ihren Preis, kostet aber nicht die Welt“, lautet zum Beispiel ein Aphorismus, mit dem Christian Baudy pointiert und knapp auf das jetzt Dringliche hinweist, ohne den Zeigefinger zu erheben. Oder Gisela Baudy stößt uns auf den „Weißen Fleck“ in unserem kollektiven Gedächtnis, wenn sie schreibt: „Man vergisst so schnell / wie man Pfützen vergisst / wenn sie trocknen.“ Aber auch die heutigen Auswirkungen des Klimawandels auf unser Leben kommen zu Wort, wenn es etwa in einem Haiku der Autorin heißt: „Herbst im August / Blatt für Blatt sitzen wir / auf dem Trockenen.“ Zu guter Letzt erfahren wir auch in einprägsamen Versen, was der Krieg mit uns macht. So heißt es in einem Elfchen des Autors: „Krieg / Tödlicher Kampf / Eine verlorene Schlacht / Entweder du oder ich / Nacht“, zu dem es – wie vereinzelt auch anderswo – ein englisches Pendant gibt.

Die beiden Dichter:innen haben auf 148 Seiten ein kleines Werk geschaffen, dass Naturklänge und kritische Töne poetisch miteinander vereint. Es bietet einen Freiraum für die Seele. Und es regt Leser:innen auf sprachspielerische Weise zum Nachdenken über unser Heute und Morgen an, indem es eine lyrische Plattform für Einordnungen, Fragen, Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten bietet. 26 farbige Acryl- und Ölkreide-Malereien von Christian Baudy unterstreichen die lyrische Aussage.

Schon mal vormerken: Einen Einblick in diesen und weitere Gedichtbände von Gisela und Christian Baudy können Sie demnächst in der Kulturwerkstatt in Harburg erhalten. Am 28. April lädt die Kulturwerkstatt um 19.00 Uhr zu „POETRY IN MOTION – Dichte Komposition aus Lyrik und Tanz“ ein. Auf der etwa 60-minütigen Veranstaltung werden die Lyriker:innen Gisela und Christian Baudy sowie die Tänzerin Ulrike Burbach Rhythmus und Poesie in Wort und Bewegung präsentieren. (Eintritt 10 Euro)

Literaturangaben: